Von der Stadt ins Dorf

Ghana

Von der Stadt ins Dorf

An diesem Tag ging es quer durch das ganze Land, von Accra im Süden bis in ein kleines Dorf namens Guabuliga im Norden. Theoretisch gäbe es einstündige Flüge aber die Nachbusse sollen auch ganz gut sein, hieß es. Inzwischen war auch Julia, eine der Gründerinnen von braveaurora, zu uns gestoßen.

Nach ein wenig Entspannung am Pool und einer Portion Plantain (Kochbananen), einem super typischen ghanaer Essen, ging es überraschen pünktlich los vom STC Busbahnhof. Der Bus war top ausgestattet und bot von usb Steckdosen über Ledersitze auch noch viel Beinfreiheit.

Das der Bus über ein Multimediasystem verfügt, würde von den meisten vermutlich als ein Vorteil betrachtet werden. Leider spielte es gute 10 Stunden nur extrem merkwürdige Filme mit lautem Ton, bis einmal eine Frau zum Fahrer rief: „Do we really need to watch this bullshit?!“

Dem Sonnenaufgang entgegen fuhren wir dann eine holprige Sandstraße ins Dorf Guabuliga. Trotz nur zwei Stunden Schlaf im Bus, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, gleich die Umgebung, in den wunderschönen sepia Farben der Morgenstunden, zu erkunden. Was sofort auffiel: überall waren Tiere. Hühner, Ziegen, Schafe, Katzen, Hunde, Kühe, Perlhühner oder Esel. Es war einfach ein harmonisches Zusammenleben von Mensch und Tier. Keines der Tiere war eingesperrt und konnte sich frei herumbewegen. Hier dürfte es eine ganz andere Beziehung zum Tier geben: kein Kind kommt auf die Idee ein Tier zu streicheln.

Das Dorf/die Community Guabuliga zählt ein paar tausend Einwohner die vorwiegend Compounds leben. Ein Compound ist in diesem Fall meistens ein Zusammenschluss aus mehreren Lehmhütten mit Stroh- oder Blechdacht verbunden mit einer Mauer. Dadurch bilden sich viele kleine Innenhöfe, in denen die Familien gemeinsam am offenen Feuer kochen.

Lena, Lisa und ich durften bei einer Familie unterkommen mit einem simplen Raum mit drei Matratzen und einem Deckenventilator. Einfach aber völlig ausreichend. Jeder Compound hat hier im Dorf sein eigenes Klo, welches ein einfaches Loch darstellt und eine „Dusche“. Letztere war einfach ein sichtgeschützter Winkel, wo man sich mit einem Kübel duscht.

Nach einem kleine Schläfchen, führte uns Gabriel, ein Österreicher der ein Jahr hier freiwillig für braveaurora arbeitet, durchs Dorf.

Wenn es einen Satz gibt den jedes Kind hier konnte, war das: „Suliminga! Au a ju?“ Suliminga bedeutet „weiße Haut“ und „How are you“ bekam diverse Abwandlungen je nach Alter des Kindes ;). Die Lebensfreude der Kinder aber auch Erwachsenen überraschte mich persönlich sehr. Die Lebensumstände der Menschen hier waren mehr als einfach aber dennoch gab es niemanden der einem nicht mit einem breiten Lachen begrüßt hätte.

Ein negativer Aspekt den man nicht übersehen konnte war der (Plastik)Müll. Überall lag Müll. Vor allem Plastiksackerl. Der Müll der nicht im Gebüsch landete wurde verbrannt. Dieser Umgang mit Plastik erschien zuerst völlig unverantwortlich, wenn man aus Österreich kommt. Hier gibt es allerdings einfach keine Möglichkeit zur Müllverwertung.

Am Nachmittag ging es zum Chief. Jedes Dorf hat hier seinen eigenen Chief, eine Art Bürgermeister. Ohne die Zustimmung des Chiefs geht hier Nichts. Das Gespräch mit ihm war eine spannende Erfahrung. Der Chief war sehr gebildet und hatte durchwegs weltoffenen Ansichten. Zum Beispiel erzählte er uns von den Folgen des Klimawandels die sie jetzt schon betreffen.

Wasser gibt es in Guabuliga nur aus dem Brunnen, welcher zu jeder Tageszeit von Frauen gut besucht ist, um auf ihrem Kopf große Schüsseln mit Wasser zu ihrer Hütte zu transportieren.

Eines der Projekte von braveaurora war der Marktplatz im Zentrum von Guabuliga. Dabei war das Ziel, dass lokale Produkte gefördert und dort verkauft werden können. Zur Unterstützung von braveaurora durfte ich meine Kamera auspacken und ein paar Interviews mit Einheimischen führen und Fotos machen.

Supermarkt gibt es hier weit und breit keinen. Wenn man dennoch etwas kühles zu trinken haben möchte, kann man bei Joes Bar vorbeischauen. Besonders kalt ist das Getränk oft nicht aber die Kühlung bei über 40 Grad Außentemperatur ist definitiv eine Herausforderung.

Am Weg zum Abendessen im Compound von braveaurora durfte ich noch zufällig bei der Geburt einer Ziege dabei sein. Als gäbe es nichts Normaleres hier. Nach einem arbeitsintensiven Tag für Simone und Julia und einen eindrucksvollen aber auch nachdenklich machenden ersten Tag im Dorf, entspannten wir noch ein Wenig am Rooftop des Compounnds.